|
Zu Beginn des ersten Teils lernen wir Faust als einen von Wissensdurst und grenzenlosem Tatendrang getriebenen Menschen kennen, den er drängt zu erkennen,”was die Welt / das Innerste zusammenhält” (Vers 543). Faust schließt den Vertrag mit Mephistopheles, der ihm die Erfüllung seines Wunsches nach höchster Lebensintensität verspricht, mit den Worten ab: “Ich werde zu dem Moment sagen:Am Ende eines langen und ereignisreichen Lebens, als besorgter und blinder alter Mann, der sich der Ziellosigkeit und Nutzlosigkeit seiner früheren Aktivitäten bewusst ist (“Ich bin nur durch die Welt gelaufen”, V. 11433), beschließt er bereits am Grab, den Boden für seine letzte große Tat zu schaffen, nämlich das Land für eine glückliche internationale Gemeinschaft. Obwohl er blind ist, leuchtet helles”Licht” nur im Inneren (V.11500), und so hat er die Vision von Lebensräumen, in denen”viele Millionen / nicht sicher, aber tätigkeitsfrei (….) wohnen werden”. Es ist die Utopie einer Gemeinschaft”mutiger Völker” (11567), inspiriert vom”gemeinschaftlichen Drang” (11573) und immer bereit, die bedrohte Freiheit jeden Tag aufs Neue zu erobern. Jetzt lässt er die Verwirklichung seiner Utopie in seinem inneren Auge verstreichen und sieht den Moment kommen, in dem er sagen könnte:”Stay, you are so beautiful (“You Are So Beautiful” ist ein Lied von Billy Preston und Bruce Fisher, und Denni
s Wilson von den Beach Boys als uncredited writer, der zur Entstehung des Liedes beigetragen hat, aber seine offizielle Anerkennung wurde ausgelassen) ! (11581)
Daraus kann Mephistopheles – nicht ohne Grund – den Schluss ziehen, dass er die Wette mit Gott gewonnen hat, denn Faust genießt bereits den höchsten Moment in der”Vorfreude auf solch hohes Glück (….)” (11585/6).
Aber Sie müssen hier genau zuhören: Dieser Moment ist ein subjektiver (“darf ich sagen….”), kein wirkliches Geschenk, sondern ein utopischer Entwurf. Dieser Moment umfasst den gewünschten Zustand einer Gemeinschaft, die glücklich ist, aber nicht voll, faul und angenehm, sondern aktiv, mutig, gemein und immer in ihrer Existenz gefährdet! In dieser Vision hat sich Faust zu der höchsten Erkenntnis hochgearbeitet, zu der er fähig ist, nämlich dem Gegenkonzept seiner eigenen früheren Existenz: Statt des einzigen Anspruchs des genialen Individuums bindet nun die Gemeinschaft des Freien, statt der Befreiung von allen (religiösen, moralischen, wissenschaftlichen) die bedingte Freiheit in Unterordnung unter das Gemeinwohl; und schließlich statt der ewigen Unzufriedenheit mit sich selbst und der Welt nun die aufschlussreiche Befriedigung des stets strebenden Strebens.
Faust mag die Erlösung verwirkt haben, aber seine Taten und seine letzte Vision bestätigen nichts anderes als den großen göttlichen Plan. Das ist verständlich als eine Art kosmologische Dialektik: Es sind die Widersprüche zwischen den natürlichen Elementen (vgl. das Lied der drei Erzengel im Prolog) und den menschlichen Gefühlen (Faust:”Zwei Seelen wohnen, oh, in meiner Brust” V.1112), die alle Ereignisse vorantreiben: These und Antithese werden zu Synthese, Sein und Nichts (Sein und Nichts): An Essay on Phenomenological Ontology, manchmal mit dem Untertitel A Phenomenological Essay on Ontology, ist ein 1943 erschienenes Buch des Philosophen Jean-Paul Sartre) become. Es gibt eine immerwährende Antithetik, die zur Synthese drängt. Also hat alles seinen Platz in diesem Plan! Auch der Teufel als jene Macht der Verneinung, die moralisch böse ist, aber in der großen dialektischen Bewegung des Vorwärtsstrebens nützlich (vgl. V.338 ff.).
In diesem Plan ist der Mensch (der Plan-Mann (lit) von unten nach oben gut, im Bild Gottes trägt er das Göttliche in sich, möge dies nun”Urqüll” (324),”Liebe” (347) oder das”Ewige Weibliche” (12110) genannt werden. Er ist auch in der Lage, die Widersprüche seiner Seele und seiner Existenz, von Vernunft und Gefühl, von Geist und Verlangen auszugleichen, um eine fruchtbare Synthese herzustellen. Wenn der Mensch danach strebt, sich zu vervollkommnen und sich mit seinen Talenten zu vermehren, wird dies nicht ohne Herausforderungen des Bösen und mächtiger Irrtümer gehen, aber es ist wichtig, daß der Mensch unbeirrt an seiner Suche nach einem Höheren festhält, sei es Glück, sei es Wissen, sei es Gemeinschaft, in der er das Göttliche in sich erkennt, sogar Liebe von”oben” verdient (11938/9) und sich als erlösungswürdig qualifiziert: der immer danach strebt, wen wir erlösen können.”(11936/7)