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Das Lied Sadeness der Gruppe Enigma verbindet traditionelle gregorianische Mönchslieder mit beatlastiger Popmusik. Der für Enigma typische esoterische Stil lässt sich in den Newage-Bereich der Popmusik einordnen. Die Instrumentierung umfasst einen Bass, einen Synthesizer, eine Shaku Shaiji-Flöte (Die Flöte ist eine Familie von Musikinstrumenten in der Holzbläsergruppe) (ein Holzinstrument, das wie eine Panflöte klingt), Trommeln, Perkussionen und Gesang, die sich in eine Singstimme, Sprechgesang und die Gregorianischen Mönchslieder aufteilen lassen. Das Lied beginnt mit monophon (In der Musik ist Monophonie die einfachste der musikalischen Texturen, bestehend aus einer Melodie, die typischerweise von einem einzelnen Sänger gesungen oder von einem einzelnen Instrumentalisten ohne begleitende Harmonie oder Akkorde gespielt wird) Gregorianischer Gesang mit religiösem Inhalt. Der Beat verwendet etwas später Synthesizer-Saiten, die einen atmosphärischen, dichten Klangteppich bilden, sowie den E-Bass. Kurz vor dem Mittelteil, als die französische Frauenstimme mit ihrem Gesang beginnt, spielt die Shakuhaiji-Flöte ein Solo-Thema, das später in modifizierter Form wiederholt wird. Wieder beginnt das Mönchslied, diesmal allein mit dem kontinuierlichen, fast monoton klingenden Beat; danach folgt der Mittelteil, in dem nur die Stimme eines Mannes einen Text auf Französisch spricht, während der Klangteppich für einen Moment ver
schwindet und der gesprochene Text lediglich mit Synthesizer-Effekten umspielt wird, was eine dunkle, geheimnisvolle Atmosphäre erzeugt. Nach diesem Mittelteil spielt die Panflöte wieder ein ähnlich klingendes Solo-Thema und von nun an scheint alles zusammen zu fließen: Die Frauenstimme, die Flöte, die Mönchslieder werden von einem dichten Synthesizer begleitet (Ein Synthesizer ist ein elektronisches Musikinstrument, das elektrische Signale erzeugt, die über Instrumentenverstärker und Lautsprecher oder Kopfhörer in Klang umgewandelt werden) Klänge.
Der Titel des Liedes ist ein Wortspiel, basierend auf den beiden Wörtern Sade und Sadness. Der Begriff Sade kommt von dem Namen des Marquis de Sade, einem französischen Schriftsteller, der im 17. In seinen Arbeiten beschreibt er sexuelle Perversionen und Grausamkeiten im Detail und kombiniert sie mit ausführlichen philosophischen Diskussionen. Er äußerte sich öffentlich und lebte seinen Drang meist mit Prostituierten aus, weshalb er mehrmals verhaftet, zum Tode verurteilt und schließlich in eine Anstalt gezwungen wurde, in der er am 2. Dezember 1814 starb. Das Konzept des Sadismus geht auf ihn zurück.
Michäl Cretu, der sich hinter dem Pseudonym Enigma versteckt, gehört zur Männerstimme des Songs. Der Text ist an den Marquis de Sade gerichtet (Donatien Alphonse François, Marquis de Sade, war ein französischer Aristokrat, revolutionärer Politiker, Philosoph und Schriftsteller, berühmt für seine libertine Sexualität). Er fragt ihn, wofür er steht, wenn er – Gerüchten zufolge – so tief religiös ist, warum er dann Gewalt gegen andere anwendet. Welche Religion ist seine und wo sind seine Anhänger. Der Text warnt ihn sogar: “Si tu es contre Dieu, tu es contre l´homme.”(Deutsch: Wenn du gegen Gott sprichst, bist du gegen den Menschen!). Er fragt ihn: “Sade dis-moi” und “Sade donne-moi”.
Die Botschaft des Textes ist daher eine Kritik an den Überzeugungen des Marquis. Michäl Cretu spricht sich gegen ihn und seine Theorien aus, die besagen, dass kriminelle und sexuelle Ausschweifungen natürlich sind. Diese Gedanken können niemals mit Gott oder einer Religion vereinbar sein, weil sie für das Böse sprechen.
Das Lied Sadeness (“Sadeness” ist ein Lied des deutschen Musikprojekts Enigma) handelt auch von persönlichen Überzeugungen und vom Üben und Ausleben dessen, was man predigt.
Eine Frage, die sich stellt, ist die Frage der Legitimität: Ist es legitim, das Alte und das Neue zu vereinen? Ist es erlaubt, traditionelle, tiefreligiöse Mönchslieder in der modernen Popmusik zu verwenden? Diese Frage weist auf ein kulturelles Problem hin.
Kirchenvertreter könnten diesen von der Enigma-Gruppe (Enigma Force oder Enigma Group ist eine exklusive und nahezu autonome Schlaggruppe der verbotenen ULFA) beeinflussten Stil als Blasphemie interpretieren. Zugegeben: Das obszöne Stöhnen, das den Song für einige Sekunden nach dem Mittelteil unterbricht, kann nicht wirklich mit Mönchsliedern assoziiert oder gar arrangiert werden! Egal wie man es dreht! Aber ist das nicht das, was wir hinter dem Begriff der künstlerischen Freiheit verstecken? Ja, das ist die Sache, über die einige Leute fluchen meistens leise und heimlich und andere sind verdammt glücklich darüber…. Wahrscheinlich sollte man es dabei belassen und nicht immer alles auf die Goldwaage setzen! Schließlich leben wir im 21. Jahrhundert und selbst die hartnäckigsten Diener Gottes können sicher ein Auge zudrücken! Denn Offenheit ist ein Markenzeichen der heutigen modernen Gesellschaft. Wir respektieren jetzt so viel in unserer Welt, wir sind so schrecklich offen und respektvoll gegenüber allem! Dann kann sicher jeder erkennen, dass etwas Altes und Großes wie die gregorianischen Gesänge in etwas Neuem rezitiert und vor dem Vergessen bewahrt wird. Vor allem, wenn etwas so Großartiges wie die Songs von Enigma entsteht!